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Sophie und Hans Scholl, zum Tode verurteilt am 22.02.1943

Dieser Artikel wurde aus der Online-Galerie des Bundesarchiv entnommen. Link zum Original 

Texturheber : Bundesarchiv

Sophia Magdalena Scholl

wird am 09. Mai 1921 in Forchtenberg am Kocher als viertes von sechs Kindern ihrer Eltern Robert und Magdalene Scholl geb. Müller geboren. Nach der Volksschule besucht sie die Mädchenoberschule in Ulm und beendet diese im März 1940 mit dem Abitur. Sophie legt im Frühjahr 1941 das Staatsexamen als Kindergärtnerin ab und wird im April 1941 zum Arbeitsdienst nach Krauchenwies bei Sigmaringen eingezogen. Ab März 1942 ist sie in einem Kriegshilfsdienstlager in Blumberg/Baden in einem Kinderhort eingesetzt. Mit dem Sommersemester 1942 beginnt Sophie an der Universität München ihr Studium der Philosophie und Biologie. Zeitweise mit ihrem Bruder Hans zusammen wohnend, lernt Sophie Hans' Freundeskreis kennen und kommt erstmals mit der seit Sommer 1942 aktiven Widerstandsguppe "Weiße Rose" in Kontakt. Ab Spätherbst initiiert die Gruppe verschiedene Flugblattaktionen. Am 18. Februar 1943 beobachtet der Hausschlosser der Universität, Jakob Schmid, das Geschwisterpaar beim Verteilen der Flugblätter und verrät sie an die Gestapo. Hans und Sophie Scholl werden zusammen mit Christoph Probst, einem weiteren Mitglied der "Weißen Rose", verhaftet. Vier Tage später, am 22. Februar 1943 werden die drei Studenten vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Quelle: in Familienbesitz, überliefert auch in BArch DZ 9 Bild / 367

Hans Fritz Scholl,

geb. am 22.09.1918 in Ingersheim, legt im Frühjahr 1937 an der Oberrealschule in Ulm seine Reifeprüfung ab.

Er meldet sich freiwillig zum Reichsarbeitsdienst und arbeitet

7 Monate in der RAD-Abteilung 3/265 in Göppingen.

Im November 1937 wird er in die Wehrmacht eingezogen. Er dient für ein Jahr im Kavallerie-Regiment 18 in Bad Cannstadt und wird als Reserve-Offiziersanwärter entlassen.

Nach sechsmonatigem Besuch der Sanitätsschule Tübingen legt er die Sanitätsprüfung ab und nimmt ein Studium der Medizin in München auf.

Es folgen der Einsatz als Erntehelfer und wiederholte Sanitätsdienste als Mitglied der Studentenkompanie München. Letzterer gehört er bis zu seiner Verhaftung im Februar 1943 im Range eines Feldwebels an.

Hans Scholl, Quelle: BArch DZ 9 Bild / 367

Sophies Brief an Fritz vom 20.11.1937
Im Jahre 1937 lernen sich Sophie Scholl und Fritz Hartnagel näher kennen. Sie verlieben sich ineinander. Sophie ist zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre. Fritz, einundzwanzigjährig, entscheidet sich nach Arbeitsdienst und militärischer Grundausbildung für die Offizierslaufbahn. Er ist als Leutnant in Augsburg stationiert. 

 

 


Dies ist der erste Brief von Sophie an Fritz, der in den Nachlasspapieren im Bundesarchiv überliefert ist.
"Lieber Fritz! Die Anneliese scheniert sich, deshalb schreibt die Sofie. (In der Schule). Hiermit schickt Dir die Anneliese eine Einladungskarte. Du kommst doch? Jetzt fehlt aber der Lisl und mir noch ein Mann. (kein Ehemann) Wenn Du jemand nettes kennst, kannst Du ihn von der Anneliese aus gern einladen. Andernfalls würden wir auch ohne Männer auskommen..."

Anmerkung oben links: "Die Einladungsk. folgen voraussichtlich erst morgen. (Oskar hat sie noch)"

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"...Ich lasse jetzt der Anneliese das Wort.
Der Anfang von Sofer ist gar nicht wahr. (A)
Wir wollen nicht streiten, deshalb hören wir auf, Annlis weiß doch nichts Gescheites.
Mit deutschem Gruß
(herzl. Gruß)
Sofie Scholl
Heil Hitler 
Annlies"

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Quelle: BArch, N 2370/1

Sophie als Schülerin, ca. 1938

Quelle: in Familienbesitz

Flugblatt der "Weißen Rose"
Die Flugblätter sind Bestandteil der Ermittlungsunterlagen des Oberreichsanwalts beim Volksgerichthof zum Strafverfahren gegen "Scholl und 2 andere wegen Hochverrats und Feindbegünstigung", mit dem Aktenzeichen 8 J 35/43. Sie werden u.a. für ein Schriftgutachten als Beweismittel herangezogen.

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 5

Flugblatt, Rückseite

Fritz Hartnagel ist als Offizier der Wehrmacht in verschiedenen Ländern stationiert. Nach Einsätzen in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Jugoslawien folgen nach dem Überfall auf die Sowjetunion Einsätze in Weißrussland und der Ukraine. Von Herbst 1941 bis zum Frühjahr 1942 ist er in Weimar stationiert und besucht Sophie fast jedes Wochenende. Im März wird er nach Frankreich abkommandiert, im Mai beginnt sein zweiter Einsatz in Russland. Er kämpft in dem Kessel um Stalingrad und wird am 22. Januar 1943 mit Erfrierungen ausgeflogen und in das Lazarett nach Lemberg verlegt.

 

Es scheint wie ein Wunder, dass dieser Brief an Sophie nicht verloren ging. "Meine liebe Sofie! Nach langer Zeit wieder ein Gruß. Wir haben sehr schlimme Tage hinter uns. Seit 8 Tagen sind wir in ständigem Rückzug auf Stalingrad. Seit 8 Tagen sind wir bei 30° Kälte im Freien gelegen , ohne eine Möglichkeit uns aufzuwärmen. Mein Btl. ist vollkommen aufgerieben. Ich selbst habe beide Hände erforen, davon 2 Finger mit Erfrierungen 3. Grades. Ich war nun eben auf dem Weg zum Hauptverbandsplatz, um in ärztliche Behandlung zu gehen. Aber dort werden nur Schwerverwundete angenommen. Nun habe ich endlich einen gastfreundlichen Offz. gefunden, der mich wenigstens in seinen warmen Bunker aufgenommen hat..."

"...Ich weiß nicht, wie nun alles weitergehen wird. Die Lage hier ist ziemlich hoffnungslos. Wenn mich nicht ein anderes Schicksaal ereilt, vor dem ich mit Gottes Hilfe auf wundersame Weise bewahrt worden bin, dann bleibt vielleicht nur noch die russische Gefangenschaft. Doch alle Hoffnung habe ich noch nicht aufgegeben. Wenn wir unsere Hoffnung nicht an dieses Leben hängen, was kann uns dann schon genommen werden? Ich will beten und nochmals beten in diesen Tagen, und auch Du und alle Lieben sind darin innigst eingeschlossen. Was könnte ich auch anderes für Dich tun, als den Schutz Gottes und die Liebe Gottes für Dich zu erbitten. Sei von ganzem Herzen und in inniger Liebe gegrüßt, meine liebe gute Sofie. Grüße Deine Eltern, Deine Geschwister, und auch um einen Gruß an meine Angehörigen möchte ich Dich bitten, falls ich nicht mehr dazu kommen sollte. 
Ich bleibe Dein Fritz."

Fritz' Brief an Sophie vom 17.01.1943

Quelle: BArch N 2370/23

Fritz

Hartnagel

Ab Februar 1943 laufen die Ermittlungen der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle München, im Rahmen einer Großfahndung auf Hochtouren. Zahlreiche Flugblattaktionen und "Schmierereien am Universitätsgebäude" sind Gegenstand der Untersuchungen.

Rundschreiben der Staatspolizeileitstelle München an das Reichssicherheitshauptamt sowie an alle süddeutschen Staatspolizeileitstellen vom 11.02.1943, Blatt 2

Rundschreiben der Staatspolizeileitstelle München an das Reichssicherheitshauptamt sowie an alle süddeutschen Staatspolizeileitstellen vom 11.02.1943, Blatt 3

Rundschreiben der Staatspolizeileitstelle München an das Reichssicherheitshauptamt sowie an alle süddeutschen Staatspolizeileitstellen vom 11.02.1943, Blatt 4

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Rundschreiben der Staatspolizeileitstelle München an das Reichssicherheitshauptamt sowie an alle süddeutschen Staatspolizeileitstellen vom 11.02.1943

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

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Flugblatt der "Weißen Rose"

 

 

Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 5

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Flugblatt der "Weißen Rose",

Rückseite

Dies ist der letzte Brief von Sophie an Fritz, der in den Nachlasspapieren im Bundesarchiv überliefert ist. Sophie, inzwischen 21 Jahre alt, schreibt ihn 2 Tage vor Ihrer Verhaftung. "Mein lieber Fritz! Gestern habe ich einen wunderbaren blühenden Stock gekauft, er steht vor mir auf dem Schreibtisch am hellen Fenster, seine graziösen Ranken, über und über mit zarten lila Blüten besetzt, schweben vor und über mir. Er ist meinen Augen und meinem Herzen eine rechte Freude, und ich wünschte mir nur, dass Du kommst, bevor er verblüht ist. Wann wirst Du nur kommen? Meine ersten Briefe werden Dich wohl kaum erreichen, sie waren falsch adressiert. Und ob diese dürftige Adresse genügt? Doch muß ich ja warten, bis Du zuerst mir schreibst..."

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"...Wir haben hier eine kleine Geyerausstellung hergerichtet. Wir sind sehr oft mit ihm zusammen. Man fühlt sich in seiner Nähe riesig behaglich. Wie schade, daß ich Dir davon schreiben muß, daß Du nicht selbst hier bist. Vielleicht können wir bald zusammen irgendwo anfangen! Sei für heute vielmals gegrüßt von Deiner Sophie."

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Sophies Brief an Fritz vom 16.02.1943

Quelle: BArch, N 2370/9

Jakob Schmid, Hausschlosser der Universität München, beobachtet auf seinem Kontrollgang, wie 2 ihm unbekannte Studenten von der Empore des Lichthofes im 2. Stock eine größere Menge Papier abwerfen. Er hält die beiden fest und informiert die Polizei.

Protokoll der Vernehmung des Jakob Schmid vom 18.02.1943, Rückseite

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Protokoll der Vernehmung des Jakob Schmid vom 18.02.1943

 

 

Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

Sophie und Hans Scholl werden nach ihrer Festnahme und Inhaftierung mehrfach durch die Gestapo verhört. Die überlieferten Vernehmungsprotokolle dokumentieren, dass die Geschwister versuchen, sich und andere zunächst mit Falschaussagen zu schützen. Ihr gemeinsamer Widerstand bricht während der ununterbrochenen Verhöre.

Protokoll der Beschuldigtenvernehmung von Sophie Scholl vom 21.02.1943, Rückseite

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 3

Bericht der Gestapo vom 21.02.1943 über die Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln, die zur "Tatausübung" dienten

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

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Sophie und Hans werden von der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem Hochschulstrafverfahren "...wegen staatsfeindlicher Betätigung mit dem dauernden Ausschluss vom Studium an allen deutschen Hochschulen bestraft."

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

Anklageschrift des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof zum Strafverfahren gegen Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst vom 21.02.1943
 

(Die zehnseitige Anklageschrift ist als PDF-Datei unterhalb der abgebildeten 1. Seite hinterlegt und vollständig nachzulesen.) kann nach Bedarf nachgereicht werden.

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

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Vier Tage nach Ihrer Verhaftung werden Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst vor dem 1. Strafsenat des Volksgerichtshofes mit dem Tode und der dauernden Aberkennung ihrer Bürgerehre bestraft. Der am 06. November 1919 geborene Student der Medizin Christoph Probst ist verheiratet und Vater dreier Kinder.

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 1

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Nach dem Urteilsspruch dürfen Robert und Magdalene Scholl ihre Kinder noch einmal kurz sprechen. Sie richten ein Gnadengesuch für ihren Sohn, ihre Tochter und für Christoph Probst an den Volksgerichtshof, welches abgelehnt wird.

Gnadengesuch der Eltern, Rückseite

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 12

Um 17.00 Uhr wird Sophie Scholl mit dem Fallbeil hingerichtet. Ihr Bruder Hans folgt ihr nur 2 Minuten später auf das Schafott. Die Hinrichtungsprotokolle dokumentieren sekundengenau das Unfassbare.

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Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 8

Protokoll über die Vollstreckung des Todesurteils des Volksgerichtshofes an Sophie Scholl, Rückseite

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​Quelle: BArch ZC 13267 Bd. 8

Am 27.02.1943 erfährt Fritz Hartnagel im Lazarett in Lemberg von dem Todesurteil. Er richtet ein Gnadengesuch per Telegramm an den Volksgerichtshof, nicht wissend, dass Sophie und Hans bereits seit 5 Tagen tot sind.

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Quelle: BArch, ZC 13267 Bd. 11

Sophie Scholl

Quelle: in Familienbesitz

Hintergrundinformationen

Elisabeth Hartnagel geb. Scholl übergab dem Bundesarchiv im Oktober 2012 die private Korrespondenz ihrer Schwester Sophie Scholl mit Fritz Hartnagel. Die im Rahmen einer Schenkung aus Familienbesitz übernommenen Briefe sind überaus wertvolle Zeugnisse, spiegeln sie nicht nur die innersten Gedanken und Gefühle der heranwachsenden Sophie in der Beziehung zu ihrem langjährigen Freund Fritz, sondern auch ihre politische Entwicklung, ihren überaus mutigen Widerstand gegen den Nationalsozialismus wider.

Eine Auswahl der Briefe edierte Thomas Hartnagel, Sohn von Fritz Hartnagel, in seiner Publikation "Sophie Scholl, Fritz Hartnagel, Damit wir uns nicht verlieren, Briefwechsel 1937-1943", erschienen im S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2005. Ihm sei an dieser Stelle für die Hilfe und Unterstützung bei der Übergabe der Nachlasspapiere an das Bundesarchiv und die Genehmigung zur Verwendung und kostenfreien Nutzung der Fotos aus Familienbesitz gedankt.

Kerstin Schimmeck

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Wer mehr über die Weiße Rose wissen möchte, informiert sich am besten über die Bundeszentrale für politische Bildung.

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Und hier " Focus Online"​

 

Euer Jürgen

Juni 2016

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     1966 

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